Arndts Schattenseite

Arndt war einerseits ein Demokrat und Vorkämpfer für die Aufhebung der Leibeigenschaft. Er setzte sich für Meinungsvielfalt ein. "Arndt, der sich in manchen Punkten mit Jahn berührte, erhoffte sich einen Staat mit der aktiven Teilnahme aller Staatsbürger. In den Repräsentativorganen müßten auch Bauern und Bürger vertreten sein, so daß die Regierung nicht nur durch die öffentliche Meinung, der die Pressefreiheit gewährt werden müsse, kontrolliert werde, sondern auch durch die Wachsamkeit eines demokratisch verfaßten Gemeinwesens." [H.-U. Wehler, Deutsche Gesellschaftsgeschichte, 1. Bd., C.H. Beck Verlag, München]

Andererseits gibt es antisemitische und antifranzösische Äußerungen Arndts.

Arndts Antisemitismus und seine Forderung zum menschlichen Umgang mit Juden

Antisemitismus ist ein von Judengegnern eingeführter Begriff, der Diskriminierung und Verfolgung von Juden begründen und rechtfertigen sollte Es gibt leider einige Textstellen in Arndts Schriften und Briefen, die belegen, das auch Arndt dieses Gedankengut nicht fremd war.Er forderte aber nicht, Gewalt gegen Juden anzuwenden. Im Gegenteil, er schrieb :"..Ihre Judenemazipation erwarte ich.. [Auslassung durch den Autor ]...Es ist das kein leichtes Kapitel. Ich sage: menschlich seid und verfahrt mit den bei Euch geborenen Juden. " Er war andererseits gegen jüdische Einwanderung, weil er fürchtete, dass die Russen "uns zuletzt noch alle polnischen Hebräer "über das Land jagen [Satzumstellung]. (Quelle:Hg. Albrecht Dühr:Ernst Moritz Arndt Briefe Bd. 3, Nr 1099, S.98)Das ist eindeutig antisemitisch, aber er forderte Menschlichkeit.

Der Antisemitismus ist leider das gesamte Mittelalter hindurch, in der Neuzeit bis 1945 und , wenn auch nicht mehr so verbreitet, auch noch danach, Teil unserer Geschichte. Die katholische Kirche, der Reformator Martin Luther, viele Romantiker und selbst der frühe Karl Marx , um nur einige zu nennen, waren nicht frei davon.
Wenn ein Mann wie Arndt zum Antisemiten werden konnte, sollte uns die Frage nach dem Mechanismus, der dazu führte, beschäftigen. Dadurch können wir auch lernen, solche Einstellungen zu überwinden.

Von den antijüdischen Äußerungen Arndts distanzieren wir uns und sehen unsere Tradition im progressiven Teil seines Lebenswerks. Eine Umbennung unserer Schule oder anderer Einrichtungen würde nichts ungeschehen machen.

Wir meinen : Arndt wollte die Zersplitterung Deutschlands beseitigen und dabei ist er, wie viele andere auch, in der Abgrenzung nach außen weit über das Ziel hinaus geschossen.

Richtig ist: Der Weg nach Auswitz beginnt allerdings tatsächlich in Arndts Zeit, aber es war eben nicht Arndt, der das nicht wollte, sondern Hartwig Hundt-Rakowsky, der als mutmaßlich erster Deutscher von Ausrottung sprach.

Die antifranzösische Position Arndts der Jahre 1813/14 und ihre Relativierung

Es gibt auch eine Reihe antifranzösischer Zitate von Arndt, die mit den Eroberungen Napoleons zusammenhängen, aber er sagte auch:" Wir wollen uns bilden, wie wir können, nach des Landes besten Sitten und Weisen, bis eine allgemeine Sitte herrschend werden kann; die besseren von uns werden sich dann auch mit den edleren Franzosen verbinden an dem Punkte, wo alles Konventionelle zu Boden fällt und der Mensch den Menschen selbst in der höchsten Urbanität als Bruder umarmt."[zitiert nach: Ernst Müsebeck: "Ernst Moritz Arndt", Gotha 1914, Seite 147]. In die Sprache der Moderne übersetzt soll die Bildung nach des Landes Sitten , also deutschen Sitten provisorisch betrieben werden, bis sie durch eine allgemeinere Sitte ersetzt werden kann. Die deutschen und französischen Eliten werden sich verbrüdern. Als er von der höchsten Urbanität spricht, verzichtet er ganz auf nationale Beschränkung und spricht nur noch vom Menschen. Vom Hass der Jahre 1813/1814 ist hier nichts zu spüren. Mit einer Erziehung , die dazu führt, dass " der Mensch (des einen Volkes) den Menschen ( des anderen Volkes) [...] als Bruder umarmt", kann und muss man sich auch heute noch identifizieren.


Zu den Ansichten Arndts, die gar nicht in die rechtsextreme Ecke passen, gehören auch:

Arndt fügte die Begriffe Junker und Junkertum als negative Begriffe im deutschen Sprachgebrauch ein.
Er forderte, noch auf eine ständische Verfassung beschränkt, 1814 eine Verfassungskörperschaft aller Klassen.
Bei diktatorischer Herrschaft ist der Fahneneid ungültig.
Arndt protestierte 1849 gegen die Hinrichtung der linken Republikaner Robert Blum und Gottfried Kinkel, die beide Arndts politische Gegner waren.(Quelle: Prof. Reinhart Staats[Kiel])

Ernst- Moritz-Arndt-Gymnasium zu heißen bedeutet für uns nicht, alle Auffassungen des Namensgebers zu akzeptieren. Es gibt an unserem Gymnasium sehr wohl eine aktive Auseinandersetzung mit der Zeit des Nationalsozialismus und dessen Ideologie. Dieses ist in der Schriftenreihe (unter Publikation mehr dazu) und unter Unterricht, Fächer und Geschichtsprojekte genauer nachlesbar. Jedes Jahr fahren die Schüler der 10. Klassen unseres Gymnasiums in die Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück, in der an das ehemalige Frauen- KZ erinnert wird. Auch an der Anbringung eines Stolpersteins waren Schüler unseres Gymnasiums beteiligt.